Symbolbild Burnout Prävention

Burnout-Prävention: Was hält uns in Balance?

Das Leben stellt uns oft vor Herausforderungen – mal kleine, mal grosse. Für viele ist Stress längst ein fester Bestandteil des Alltags geworden. Aber was passiert, wenn die Belastung einfach nicht mehr nachlässt? Wenn wir uns aus der Abwärtsspirale nicht mehr befreien können? Wenn uns die Energie fehlt, überhaupt über Veränderung nachzudenken?
Burnout ist mehr als nur Müdigkeit oder das Gefühl, überfordert zu sein. Es ist ein Zustand tiefgreifender Erschöpfung, der Körper, Geist und Seele ausbremst. Doch wie kommt es überhaupt so weit? Und vor allem: Wie können wir uns davor schützen?
Wir haben mit der Expertin Veronika Kathriner über Burnout-Prävention gesprochen – und dabei überraschende Einsichten gewonnen.
Burnout ist ein Begriff, der häufig in den Medien diskutiert wird. Doch was genau bedeutet Burnout, also ausgebrannt sein, und wie unterscheidet es sich von «normalem» Stress oder Erschöpfung?
Burnout wird dann diagnostiziert, wenn drei zentrale Dimensionen erfüllt sind – ich orientiere mich dabei am Modell von Christina Maslach:
  1. Emotionale Erschöpfung: Äussert sich durch starke Reizbarkeit und mangelnden Antrieb. Vorausgegangen ist meist eine anhaltende physische oder psychische Belastung. Die Betroffenen in diesem Zustand fühlen sich emotional ausgelaugt, kraftlos und müde.
  2. Depersonalisierung: Ein starker Zynismus und ein Widerwillen gegenüber anderen, oft verbunden mit einer distanzierten und gleichgültigen Wahrnehmung.
  3. Sinkende persönliche Leistungsfähigkeit: Ein deutlicher Verlust des Gefühls, produktiv und effektiv arbeiten zu können.
Burnout darf nicht mit Stress verwechselt oder gleichgesetzt werden, denn in der Regel gibt es bei Stress auch Phasen der Erholung, und die Herausforderungen werden als bewältigbar wahrgenommen. Stress kann sogar positiv sein, da er kurzfristig Energie und Konzentration fördert. Allerdings: Wenn Stress als dauerhafte Belastung empfunden wird, kann dies bei fehlenden Erholungsphasen zu einem Burnout führen.
Gibt es eindeutige Warnsignale, und wie kann man sie frühzeitig erkennen?

Burnout zeigt sich durch eine Kombination von physischen, psychischen, persönlichkeits- und arbeitsbezogenen Faktoren. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • andauernde Erschöpfung und fehlende Erholungsphasen
  • Gereiztheit, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Muskelverspannungen und Druck auf der Brust
  • Demotivation hinsichtlich der Arbeit, Resignation und das Gefühl der Sinnlosigkeit der eigenen Tätigkeit
  • subjektiv empfundene Ungerechtigkeit am Arbeitsplatz, Arbeitsplatzunsicherheit und andere belastende Faktoren.

Es ist immer eine Kombination verschiedener Symptome, die in ihrer Gesamtheit ernst genommen werden sollten.

Was würden Sie einer Person raten, wenn sie deutliche Anzeichen eines Burnouts zeigt?
Wenn erste Warnsignale auftreten, ist es wichtig, diese ernst zu nehmen und sich mit der eigenen Situation auseinanderzusetzen. Was wirklich hilft, ist wiederum sehr individuell. Beobachten Sie, warum Sie sich erschöpft fühlen, und hinterfragen Sie, welche Aspekte in Ihrem Leben verändert werden müssen. Akzeptieren Sie, dass Sie an Ihre persönlichen Grenzen gestossen sind. Wenn es schwerfällt, allein Lösungen zu finden, kann ein Coach bei der Prävention unterstützen, während bei akuten Symptomen eine Therapeutin oder ein Therapeut helfen kann.
Wie erkennt man den Moment, in dem die sogenannte «Bremse» gezogen werden muss, um einem Burnout zu entgehen?

Das ist für die meisten Personen sehr schwierig. Denn man selbst denkt meistens: «Ach, mir passiert das doch nicht!» Dabei übersieht man die vielen kleinen täglichen Warnzeichen des Körpers, der bereits Signale sendet. Ein guter Indikator ist aber sicherlich ein langanhaltender Erschöpfungszustand. Wenn man sich ausgelaugt fühlt, kein Ende einer hohen Belastung in Sicht ist und man dies gleichzeitig nicht bewusst wahrnehmen kann, dann wird es schwierig. Deshalb sind ausgleichende Tätigkeiten ohne Ablenkung mit einem gezielten Fokus sehr wichtig. Diese unterstützen dabei, sich aus dem dauerhaften, permanenten Belastungszustand zu befreien und den Blick auf sich selbst und das eigene Wohlbefinden zuzulassen.

Welche Berufsgruppen oder Lebenssituationen sind Ihrer Erfahrung nach am stärksten von Burnout betroffen, und was macht sie besonders anfällig?
Statistisch gesehen sind Berufe mit vielen zwischenmenschlichen Kontakten am meisten von Burnout betroffen. Der Grund liegt in den zwischenmenschlichen Konflikten. Dazu eine Statistik aus Deutschland:
Infograph burnout V01 MH

Diese Auswertung zeigt die Berufsgruppen mit den meisten Arbeitsunfähigkeitstagen aufgrund von Burnout-Erkrankungen im Jahr 2022 (je 1.000 AOK-Mitglieder).

Welche Strategien oder Methoden zur Burnout-Prävention empfehlen Sie Menschen, die in stark stressbelasteten Berufen arbeiten?

Ich finde folgende Massnahmen sehr sinnvoll:

  • kommunizieren und sich im Bereich Kommunikation weiterbilden
  • ein ausgleichendes Hobby finden und sich regelmässig Zeit für sich selbst nehmen
  • Selbstreflexion und Selbstmanagement üben
  • Bewegung und Sport ohne Leistungsdruck ausüben
  • Grenzen setzen üben bzw. Nein sagen lernen
  • mit Vertrauenspersonen über Ängste, Sorgen, Druck und die eigenen Ansprüche sprechen
  • den aktuellen Arbeitsplatz hinterfragen und Lösungen suchen
  • die eigenen Ansprüche und den Druck, allem gerecht zu werden, reduzieren
  • Unterstützung suchen und mit einer/einem Coach oder Psycholog*in über Ängste und Emotionen sprechen

Auch gesunde Ernährung, mentale Entspannungstechniken und eine Balance zwischen Bewegung, Genuss und Erholung spielen eine wichtige Rolle. Digitale Tools zur Stressbewältigung können hilfreich sein, sollten jedoch bewusst genutzt werden, um nicht in einen Optimierungszwang zu geraten.

Was können Unternehmen Ihrer Meinung nach konkret tun, um ein Burnout bei ihren Mitarbeitenden zu verhindern?

Ehrliches Vertrauen aufbauen. Unternehmen investieren bereits häufig in Präventionsmassnahmen wie Workshops zu Kommunikation, Konfliktbearbeitung und Teamarbeit. Auch Konzepte, die sich positiv auf die emotionale Gesundheit auswirken, werden umgesetzt. Dennoch steigt die Zahl der Burnout-Fälle weiterhin. Meiner Meinung nach liegt das Problem darin, dass es in der Arbeitswelt als unprofessionell angesehen wird, Emotionen oder Überforderung zu zeigen. Psychologische Sicherheit und das daraus resultierende Vertrauen sind daher entscheidend. Psychische Belastungen sind nach wie vor stigmatisiert. Es sollte genauso akzeptiert sein, darüber zu sprechen, wie beispielsweise über Rückenschmerzen durch langes Sitzen.

Dafür braucht es im Unternehmen eine Vertrauensperson, an die sich Mitarbeitende wenden können – in dem Wissen, dass ihre Sorgen, Ängste und Befindlichkeiten ernst genommen werden, ohne dass negative Konsequenzen drohen. Diese Person muss nicht zwingend eine Führungskraft sein, aber unbedingt jemand, der/die im Unternehmen Gehör findet.

Welche spezifischen Burnout-Risiken entstehen durch vermehrtes Homeoffice, und wie kann man ihnen begegnen?
Risiken entstehen dann, wenn man zwischen Arbeit und Freizeit keine klaren Grenzen setzt, wenn man zum Beispiel jedes Wochenende arbeitet oder spätabends noch erreichbar ist. Oder wenn man zwischen Care-Arbeit und Arbeit wechselt, ohne sich zwischendurch eine längere Pause zu gönnen. Es hilft oft schon, wenn man für das Homeoffice einen eigenen Raum einrichtet, denn dadurch hat man zumindest eine räumliche Distanz zwischen Arbeit und Privatem hergestellt. Die andauernde Erreichbarkeit spielt auch eine grosse Rolle. Denn wer auch im beruflichen Bereich immer erreichbar ist, hat keine Möglichkeit abzuschalten und sich zu erholen. Man wird ständig abgelenkt und verliert den Blick für sich selbst und die eigenen Bedürfnisse.
Welche konkreten Kosten entstehen Unternehmen durch Burnout-bedingte Ausfälle?
Das ökonomische Potenzial betrug im Jahr 2022 rund 6,5 Milliarden Franken. Dieser Betrag entspricht den Einsparungen, die die Schweizer Wirtschaft erzielen könnte, wenn die Produktivitätsverluste durch arbeitsbezogenen Stress vermieden würden. Die Grundvoraussetzung dafür wäre ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Belastungen und Ressourcen. Vereinfacht gesagt: Arbeitsstress kostet die Schweizer Wirtschaft jedes Jahr 6,5 Milliarden Franken.
Was können Unternehmen und Führungskräfte in den kommenden Jahren anders machen?
Führungskräfte können nicht alle Probleme lösen, sie gehören zu der Burnout-gefährdetsten Berufsgruppe. Wichtig ist, dass sie durch Schulungen darauf vorbereitet werden, Burnout-Anzeichen bei Mitarbeitenden und auch bei sich selbst zu erkennen. Zudem sollten sie gelernt haben, wie sie ein fachgerechtes und wohlwollendes Gespräch mit Betroffenen führen können. Falls die Führungskraft dabei selbst überfordert ist, sollte ein*e Spezialist*in als Ansprechperson zur Verfügung stehen. Wichtig: Die Mitarbeitenden tragen auch eine Eigenverantwortung für ihre Gesundheit. Deshalb benötigen auch sie Aufklärung und Schulungen zur Burnout-Prävention.
Was sind die häufigsten Fehler, die Führungskräfte im Umgang mit Burnout-gefährdeten Mitarbeitenden machen?
Die ersten Warnzeichen bei Mitarbeitenden nicht zu erkennen und als nicht wichtig zu erachten, Gefühle und Überforderung am Arbeitsplatz als unprofessionell wahrzunehmen. Manche Führungskräfte sind mit einem psychisch belasteten Mitarbeitenden auch völlig überfordert und ignorieren die Thematik dann lieber. Dabei sollte man lieber einmal zu viel nach dem Befinden der Mitarbeitenden fragen als zu wenig. Betroffene Personen sollen ihre Probleme, Sorgen und Ängste offen ansprechen können und sich ernst genommen fühlen.
Fazit

Burnout ist ein Zustand, der uns alle betreffen kann – sei es durch berufliche oder private Belastungen. Doch gerade weil die Ursachen oft so individuell sind, gibt es auch keine Universallösung. Was zählt, sind ein achtsamer Umgang mit sich selbst, das Setzen klarer Grenzen und das Anerkennen der eigenen Bedürfnisse. Wer frühzeitig Warnsignale erkennt und darauf reagiert, kann der Abwärtsspirale entgehen und wieder zu mehr Balance finden.

Gleichzeit sind auch Unternehmen dazu verpflichtet, für das psychische Wohlergehen des Personals am Arbeitsplatz zu sorgen. Mit psychologischer Sicherheit und einer positiven Vertrauenskultur gelingt es, dass Mitarbeitende offen über Herausforderungen, Ängste und Sorgen sprechen, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Hier können psychologisch geschulte Führungskräfte eine entscheidende Rolle spielen, aber auch gezielte Vertrauenspersonen im Unternehmen.

Burnout-Prävention beginnt also bei uns selbst, benötigt aber auch ein wohlwollendes und unterstützendes Arbeitsumfeld.

Lassen Sie sich also Zeit, um zu reflektieren, was Ihnen wirklich guttut – denn Ihre Gesundheit ist das Wichtigste im Leben.


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