
Zwischen Leerlauf und innerer Kündigung: Boreout erkennen und handeln
In diesem Artikel klären wir, was hinter dem Begriff «Boreout» steckt, welche Anzeichen typisch sind und warum das Thema nicht angesprochen wird. Wir zeigen, welche Rolle künstliche Intelligenz im Zusammenhang mit Boreout spielen kann: als Risiko, aber auch als Chance. Wir geben konkrete Tipps, wie Betroffene und Arbeitgeber*innen gegensteuern können.
Das Boreout ist das Gegenstück zum bekannten Burnout, und es entsteht durch Unterforderung im Job. Betroffene fühlen sich geistig unterfordert, gelangweilt oder einfach nicht gebraucht. Die Arbeit wirkt oft sinnlos, und das eigene Potenzial wird nicht ausgeschöpft. In manchen Fällen geht ein Boreout in eine Depression über.
Die Symptome zeigen sich oft schleichend. Viele empfinden eine innere Leere, weil der Arbeitsalltag sie wenig fordert. Oder sie fühlen sich müde, obwohl kaum etwas zu tun ist. Auch der Verlust der Motivation gehört dazu – Betroffene ziehen sich innerlich zurück und erledigen ihre Aufgaben nur noch mechanisch und oft fehlerhaft. Um die Zeit zu überbrücken, flüchten manche in Vermeidungsverhalten wie exzessives Internetsurfen oder das Schreiben privater Nachrichten.
Ein Boreout kann ernste Folgen haben. Anhaltende Unzufriedenheit, depressive Verstimmungen oder Konzentrationsstörungen sind keine Seltenheit. Manche entwickeln sogar körperliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder Verdauungsprobleme. Auch sozial kann sich der Zustand auswirken – durch Rückzug oder das Gefühl, sich ständig verstellen zu müssen.
Trotzdem wird ein Boreout oft übersehen. Laut der Krankenversicherung Sanitas zeigen rund acht Prozent der Erwerbstätigen in der Schweiz das typische Boreout-Syndrom. Besonders häufig betroffen sind Menschen in Bürojobs mit wenig Abwechslung und geringer Entwicklungsperspektive. Das Thema bleibt tabuisiert – nicht zuletzt weil es schwerfällt, zuzugeben, dass man sich im Job langweilt.
Ein Boreout entsteht in der Regel nicht durch zu wenig Arbeit, sondern durch ein Ungleichgewicht zwischen den Anforderungen des Jobs und den Fähigkeiten oder Bedürfnissen der Mitarbeitenden. Besonders häufig tritt ein Boreout in strukturell ineffizienten oder schlecht geführten Organisationen auf.
Zu den Hauptursachen gehören:
- Mangel an Verantwortung: Wer keine sinnstiftenden Aufgaben übernehmen darf, fühlt sich schnell überflüssig oder unterfordert.
- Fehlende Aufgabenvielfalt: Die ständige Wiederholung einfacher oder monotoner Tätigkeiten führt auf Dauer zu geistiger Ermüdung und Motivationsverlust.
- Ineffiziente Arbeitsstrukturen: Werden Mitarbeitende durch lange Abstimmungswege, unnötige Bürokratie oder eine schlechte Organisation ausgebremst, kann das zu Frust und innerer Kündigung führen.
Trotz der belastenden Symptome wird ein Boreout selten offen angesprochen. Viele Betroffene schämen sich, denn Unterforderung gilt in der Leistungsgesellschaft als Luxusproblem – oder als kein Problem. Hinzu kommen Ängste vor beruflichen Konsequenzen: Wer über Unterforderung im Job klagt, läuft Gefahr, als faul, illoyal oder schwierig abgestempelt zu werden. Langeweile im Berufsleben ist zudem ein gesellschaftliches Tabuthema, über das – im Gegensatz zu Stress oder Überforderung – kaum gesprochen wird.
Während der Recherche zu diesem Thema stellten wir uns die Frage, ob künstliche Intelligenz (KI) ein Boreout eher begünstigt oder im Gegensatz sogar dabei helfen kann, es zu vermeiden. Tatsächlich zeigt sich ein zweideutiges Bild: Auf der einen Seite kann die zunehmende Automatisierung durch KI zur weiteren Reduktion menschlicher Aufgaben führen, insbesondere bei administrativen oder wiederkehrenden Tätigkeiten. Das birgt die Gefahr, dass Arbeit sinnbefreit erscheint und Mitarbeitende sich zunehmend überflüssig fühlen oder sich auch nicht mehr mit ihrer Tätigkeit identifizieren können.
Auf der anderen Seite bietet KI aber auch neue Chancen im Umgang mit einem Boreout. So ermöglichen intelligente Tools eine bessere Anpassung von Aufgaben an individuelle Stärken und Interessen – etwa durch Skill-Matching oder personalisiertes Lernen. Auch das frühzeitige Erkennen von Boreout-Risiken wird durch KI erleichtert, etwa durch die Analyse von Mitarbeiterfeedback oder Verhaltensmustern. Zudem können KI-Agents repetitive Prozesse selbständig ausführen, um so die Mitarbeitenden zu entlasten, und Raum für kreative, anspruchsvolle Tätigkeiten schaffen. Entscheidend ist dabei die Balance: KI sollte nicht als Ersatz für menschliche Arbeit verstanden werden, sondern als Werkzeug zur Entfaltung menschlichen Potenzials wie Kreativität, Empathie und konzeptionelles Denken.
Wer unter einem Boreout leidet, sollte die Signale ernst nehmen und aktiv werden. Der erste Schritt ist oft die Selbstreflexion: Welche Aufgaben unterfordern mich? Wo fehlt mir Sinn oder Abwechslung? Ein Online-Boreout-Test oder ein Schnelltest kann hilfreich sein, um sich der eigenen Situation bewusster zu werden.
Im Anschluss lohnt sich ein offenes Gespräch mit einer vertrauten Führungskraft, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Häufig lassen sich durch einfache Massnahmen bereits Veränderungen erzielen – etwa durch eine gezielte Umverteilung von Aufgaben, Job-Rotation oder die Mitarbeit an interdisziplinären Projekten.
Auch Weiterbildungsangebote oder neue Verantwortungsbereiche können helfen, den Blick zu weiten und neue Motivation zu schöpfen. Für viele ist auch der Schritt aus der eigenen Komfortzone heraus sehr lehrreich. Und Lernen bedeutet: sich weiterentwickeln, Perspektiven wechseln und Fortschritt fühlen.
Sollte all das nicht möglich sein und die Unterforderung dauerhaft bleiben, kann ein Jobwechsel der richtige Weg sein. In solchen Fällen ist eine Neuorientierung mit professioneller Unterstützung – etwa durch Coaching oder Karriereberatung – hilfreich, um neue Wege zu erkennen und mutig umzusetzen.
Ein Boreout ist weit mehr als ein bisschen Langeweile. Es handelt sich um eine ernstzunehmende psychische Belastung, die langfristig die Gesundheit und die Motivation beeinträchtigen kann. Umso wichtiger ist es, die Anzeichen frühzeitig zu erkennen und offen darüber zu sprechen. Arbeitgeber*innen und Führungskräfte sind gefragt, eine Arbeitskultur zu schaffen, in der Unterforderung kein Tabu ist. Gleichzeitig bietet moderne Technologie – allen voran die künstliche Intelligenz – neue Möglichkeiten, Arbeit sinnvoller zu gestalten und Mitarbeitende gezielter zu fördern. Denn motivierende Arbeit bedeutet: fordern statt überfordern, aber eben auch: fordern statt unterfordern.
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