Inspirationen für einen bewussten Umgang mit Alkohol
Themen wie Gesundheit, Wellness und Selbstoptimierung boomen. Von Yoga-Studios und Achtsamkeitskursen über Intervallfasten und Low-Carb-Ernährung bis hin zu Schlaftracking, Fitness-Apps und Digital Detox: Das Angebot an Produkten und Programmen, mit denen wir unser körperliches und mentales Wohlbefinden fördern können, ist enorm und wächst immer weiter.
Entsprechend populär sind auch Bewegungen, die den Verzicht auf Alkohol propagieren, sei es temporär, zum Beispiel während eines Monats wie «Dry January» oder «Sober October», vergleichbar mit einer Fastenzeit, oder vollständig, aus religiösen, spirituellen oder ideologischen Gründen – wie etwa im Islam, in der Yoga-Szene oder in der Straight-Edge-Bewegung.
Tatsächlich gibt es viele gute Gründe, Alkohol zu meiden. Der Genuss eines «Gläschens» kann schön sein, doch jeder Rausch hat seinen Preis – sowohl kurzfristig als auch langfristig. Wer kennt sie nicht, die Störungen des Gleichgewichts, wenn auf das eine Glas drei weitere folgten. Übermässiger Alkoholkonsum kann auch zu Unfällen und Gewalt führen, zu Schlafstörungen, psychischer Abhängigkeit und nachhaltigen gesundheitlichen Schäden. Wäre es da nicht am besten, ganz auf Alkohol zu verzichten?
Ohne Alkohol geht es auch und in vielerlei Hinsicht sogar besser. Wer abstinent lebt, merkt bald, dass der Schlaf ruhiger und tiefer wird und sich die Leistungsfähigkeit erhöht. Die Leber kann sich wieder um ihren eigentlichen Job kümmern: Nährstoffe zu verarbeiten, Energie zu speichern und den Körper von natürlichen Stoffwechselprodukten zu entgiften. Das wirkt sich positiv auf das Immunsystem aus und auch auf die Stimmung – nicht umsonst bringen wir die Leber sprichwörtlich mit der Laune in Verbindung. So sagen wir etwa: «Was ist denn dir über die Leber gelaufen?», wenn jemand missmutig ist und «saure» Miene macht.
Die Verbesserung des mentalen und körperlichen Befindens ist an sich Motivation genug, um sich vom Alkohol abzuwenden. Vielen geht es dabei auch um mehr Bewusstsein im Alltag: Ein Leben ohne führt zu mehr Klarheit und Energie, sei es für den Beruf, die Familie oder ein kreatives Hobby. Wir leben in einer Zeit, in der Selbstverwirklichung möglich und sozial sogar erwünscht ist – ein grosser Unterschied zu den Anfängen der Industrialisierung, als der Alkoholrausch für viele eine willkommene Flucht aus dem öden Fabrikalltag war. Auch Selbstbestimmung und Freiheit sind heutzutage für viele Menschen wichtige Werte. Freiheit von Zwängen und Süchten, aber auch von gesellschaftlichen Normen. An geselligen Anlässen «Nein» zu sagen, ist allerdings ein wahrer Challenge. Wer beim Trinken nicht mitmacht, muss sich oft erklären oder sogar rechtfertigen, um nicht als «Spielverderber*in» dazustehen.
Und doch: In der Schweiz ist die Zahl der Personen, die täglich Alkohol konsumieren, deutlich zurückgegangen. Besonders auch Jugendliche unter 15 Jahren trinken weniger Alkohol. Unter gesundheitsbewussten Menschen findet ein Wandel statt, hin zu alkoholfreien Drinks und zu einer alternativen Genusskultur, bei der Qualität vor Quantität steht. Diesen Trend bemerken auch die Hersteller von Bier, Wein und Spirituosen, deren alkoholfreie Alternativen sich seit einigen Jahren immer besser verkaufen. Beim alkoholfreien Bier zeigt sich dies besonders deutlich: 2013 betrug der Marktanteil 2,4 Prozent, 2023 war dieser auf 6,3 Prozent angestiegen.
Vollständig alkoholfreie Bars gibt es in der Schweiz und in Europa erst wenige, doch in vielen konventionellen Lokalen findet sich heute ein beträchtliches alkoholfreies Angebot. Dieses richtet sich besonders an Personen unter 35 Jahren, die am Feierabend eher ins Gym als in die Bar gehen und viel Wert legen auf Körperkontrolle, Leistungsfähigkeit und eine Ästhetik, die sich auf Social Media vorzeigen lässt. Wie die Absatzzahlen der Schweizer Bars zeigen, gehört es zur neuen Normalität der Gen Y und Z, im Ausgang einen Mocktail, einen alkoholfreien Sekt oder ein Craft-Bier ohne Alkohol zu geniessen.
Der aktuelle Trend geht damit klar zu «Mindful Drinking» und «Slowdrinking»: Nicht mehr der totale Rausch wird angestrebt, aber auch nicht der völlige Verzicht, sondern ein reflektierter Umgang mit Alkohol. Die neue Kultur des Masshaltens zeigt sich darin, dass weniger, langsamer und gezielter getrunken wird, etwa nur bei besonderen Anlässen – und nicht einfach, weil gerade Happy Hour ist. Das Erleben des Moments wird an die Wahrnehmung und Wahrung der eigenen Grenzen gekoppelt. Bewusster Genuss statt Berauschung ist die Devise.
Sich für ein alkoholfreies Leben zu entscheiden ist sinnvoll für Personen, die ein hohes Suchtpotenzial oder Erfahrungen mit suchtkranken Angehörigen haben. Auch medizinische Gründe (Unverträglichkeiten, Medikamenteneinnahme, Depressionen etc.) können komplette Abstinenz ratsam machen. Wenn Sie nicht ganz verzichten, aber Ihren Alkoholkonsum bewusster gestalten möchten, können Sie dies mithilfe verschiedener Strategien angehen:
Alles eine Frage des Mindsets. Um eine neue Herausforderung anzupacken und vor allem auch durchzuziehen, braucht es innere Motivation. Schreiben Sie auf, (1) was Sie am Alkohol mögen, (2) was Sie an Ihrem Konsum stört und (3) weshalb Sie weniger trinken wollen. So schaffen Sie eine bewusste Basis für Ihr Vorhaben und erhöhen die Chance, langfristig dranzubleiben.
Tipp: Dokumentieren Sie eine Zeitlang, in welchen Situation Sie trinken und weshalb Sie es tun. So erkennen Sie, welche Rolle Alkohol in Ihrem Alltag spielt.
Konkrete Ziele setzen. Der nächste Schritt besteht darin, sich erreichbare Etappen vorzunehmen. Legen Sie zunächst einzelne alkoholfreie Tage fest. Beobachten Sie, wie es Ihnen damit geht, und steigern Sie die Dauer schrittweise. Versuchen Sie bewusst auch die Menge zu begrenzen: Wenn Sie trinken, dann langsam und massvoll. Trinken Sie zwischen zwei Gläsern Alkohol mindestens ein grosses Glas Wasser. Hier finden Sie weitere Tipps, um weniger zu trinken, sowie Links zu Beratungsstellen.
Tipp: Apps wie DrinkControl helfen, den eigenen Alkoholkonsum zu kontrollieren und die damit einhergehenden Veränderungen sichtbar zu machen.
Neue Rituale entwickeln. Sie möchten nicht auf den Feierabenddrink verzichten? Kein Problem, es gibt auch köstliche Getränke ohne Alkohol – weiter unten finden Sie Links zu Mocktail-Rezepten. Alkoholfrei(er) zu leben bedeutet auch nicht, auf Geselligkeit verzichten zu müssen. Aber es gilt, diese neu zu gestalten, etwa, indem Sie sich zu gemeinsamen Aktivitäten verabreden (Kino, Theater, Spazieren, Sport usw.).
Tipp: Erzählen Sie Ihren Freund*innen, dass Sie den Alkoholkonsum reduzieren wollen. Vielleicht können Sie andere sogar zum Mitmachen inspirieren?
Der Alkoholkonsum ist tief in unserer Kultur verankert und wird mit sinnlichem Genuss und Lebensfreude in Verbindung gebracht. Doch immer mehr Menschen entdecken, dass sich Genuss auch anders erleben lässt, dass Geselligkeit auch ohne oder mit viel weniger Alkohol möglich ist – und dass dies sogar mehr Lebensqualität bedeutet. Es braucht ein Bewusstsein für Gesundheit, einen achtsamen Umgang mit sich selbst und in gewissen Momenten auch Mut, um neue Wege zu gehen. Weitere Inspirationen für diesen «nüchternen», aber durchaus erfüllenden Weg finden Sie in den folgenden Lektüretipps und Links.
- Nathalie Stüben, 2021: Ohne Alkohol: Die beste Entscheidung meines Lebens. Erkenntnisse, die ich gern früher gehabt hätte. Kailash.
- Bas Kast, 2024: Warum ich keinen Alkohol mehr trinke: Eine Entscheidungshilfe auf Basis neuester wissenschaftlicher Studien. C. Bertelsmann.
- Felix Hutt, 2024: Ein Mann, ein Jahr, kein Alkohol. Ein Experiment mit überraschenden Folgen. Goldmann.
- SRF-Puls: Zürisee Sour und weitere alkoholfreie Drinks
- SRF Gesichter & Geschichten: Drei erfrischende Mocktails für laue Nächte
- SRF Kids: Mojitolino und weitere leckere Getränke für Silvester
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