
Raus aus der Einsamkeit – Wege zurück ins soziale Leben
Einsamkeit wird zwar subjektiv empfunden, viele Ursachen sind jedoch gesellschaftlicher Natur. Faktoren wie Digitalisierung, zunehmende Mobilität und Leistungsorientierung tragen dazu bei, dass sich heutzutage auch jüngere Menschen oft einsam fühlen. Wenn vertrauensvolle Bindungen über längere Zeit fehlen und das Gefühl der sozialen Leere immer belastender wird, kann sich dies negativ auf die körperliche und emotionale Gesundheit auswirken. Einsamkeit macht anfälliger für Krankheiten aller Art, auch Depressionen und Angstzustände können die Folge sein. Es ist möglich, wieder Anschluss zu finden, braucht jedoch persönliche Anstrengungen: Die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen «führen dazu, dass man sich als Individuum heutzutage eher um soziale Kontakte bemühen muss» (Swissinfo).
Manche Menschen verbringen viel Zeit alleine und fühlen sich dabei wohl. Andere sind ständig unter Leuten und fühlen sich trotzdem einsam. Alleinsein führt also nicht zwingend zu Einsamkeit, und die Gesellschaft von anderen Menschen hebt das Gefühl nicht automatisch auf, im Gegenteil: Gerade in grösseren Gruppen und bei zahlreichen, aber oberflächlichen Kontakten können sich Gefühle der Fremdheit und des Getrenntseins bemerkbar machen. Denn letztlich kommt es nicht auf die Anzahl der Menschen um uns herum an. Sondern darauf, ob wir uns von anderen gesehen und wahrgenommen fühlen.
Der erste wichtige Schritt aus der Einsamkeit besteht darin, sie sich überhaupt einzugestehen. Das ist nicht immer einfach, denn Einsamkeit ist schambehaftet – sie wird oft mit Unbeliebtheit und persönlichem Versagen gleichgesetzt. In einem zweiten Schritt gilt es herauszufinden, welche Art von Verbindung einem genau fehlt:
- Möchte ich neue Freundschaften knüpfen?
- Wünsche ich mir mehr Nähe zu meinen aktuellen Freund*innen?
- Sehne ich mich nach einer Partnerschaft?
- Möchte ich in meiner bestehenden Partnerschaft mehr Tiefe erleben?
- Wäre ich gerne Teil einer grösseren Gemeinschaft?
Wer sich über die eigenen Wünsche und Bedürfnisse im Klaren ist, kann gezielt weitere Schritte unternehmen, um die Einsamkeit zu überwinden.
Da sich Einsamkeit bei jedem Menschen anders zeigt, sind je nach Ausgangslage und den individuellen Bedürfnissen unterschiedliche Massnahmen hilfreich. Die folgenden drei Tipps sind allgemeine Anregungen, um aus der Einsamkeit herauszufinden.
Die meisten von uns knüpfen im Laufe des Lebens zahlreiche Kontakte, sei es in der Schulzeit, während der Lehre, im Studium, am Arbeitsplatz oder in der Nachbarschaft. Nehmen Sie sich Zeit, um alte Freund*innen anzuschreiben und plaudern Sie öfter mal mit jemandem aus der Nachbarschaft. Auch kurze, aber herzliche Begegnungen können eine gewisse Nähe schaffen. Üben Sie sich in Offenheit und in einer gewissen Nachsicht: Auch Kontakte, die den eigenen Wünschen nicht vollkommen entsprechen, können wertvoll sein.
Es ist wohl für die Wenigsten einfach, auf Menschen zuzugehen. Besonders schwierig ist es für schüchterne und introvertierte Personen sowie für Menschen, die bereits öfters abgelehnt oder enttäuscht wurden. Versuchen Sie sich nicht unter Druck zu setzen. Statt direkt eine neue Freundschaft oder Partnerschaft anzustreben, können Sie zunächst weniger grosse Schritte wagen: Über einen Verein, einen Kurs, eine sportliche Aktivität oder ein ehrenamtliches Projekt lernen Sie neue Menschen kennen, die Sie regelmässig wiedersehen und mit denen Sie genügend gemeinsamen Gesprächsstoff haben, damit das anfängliche Eis schmelzen kann. Bis echte Verbindungen entstehen, kann es trotzdem lange dauern. Lassen Sie sich von Rückschlägen nicht entmutigen und versuchen Sie, möglichst geduldig und beharrlich zu bleiben.
Einsamkeit kann uns mit grossen Ängsten und tiefen Wunden konfrontieren. Es ist wichtig, sich mit solchen Gefühlen zu befassen, ihnen aber nicht das Steuer zu überlassen. Versuchen Sie, möglichst freundschaftlich mit sich selbst umzugehen und auch alleine Rituale zu pflegen, die Ihnen gut tun (Spaziergänge in der Natur, Kino, Theater, Konzerte, Sport, Sauna usw.). Üben Sie sich darin, sich auch unabhängig von der Bestätigung durch andere als wertvoll anzuerkennen. Wenn Ihnen dies schwerfällt, helfen professionelle Angebote wie Beratung, Coaching, Therapie oder auch Selbsthilfegruppen dabei, die eigene Resilienz zu stärken.
Folgende Beratungsstellen und Projekte erleichtern den Weg aus der Einsamkeit:
- Die dargebotene Hand: kostenlos und anonym mit jemandem reden (Tel. 143)
- Pro Juventute: kostenlose Beratung für Jugendliche (online, telefonisch, per Chat)
- Mal reden: kostenlose telefonische Beratung für Senior*innen (Tel. 0800 890 890)
- Treffpunkt Nordliecht: kostenlose Walk-in-Beratung in Zürich (Flyer)
- Menschen treffen sich im Erzählcafé und erzählen einander aus dem Leben
- Gemeinsam kochen, essen und geniessen dank dem Netzwerk Tavolata
- Tandem im Museum (TiM): ins Museum mit einem (noch) unbekannten Menschen
- Verzeichnis von Selbsthilfegruppen zum Thema Einsamkeit
- Femmes-Tische und Männer-Tische: Gesprächsrunden für Migrant*innen
Weitere Anlaufstellen finden Sie beim Netzwerk Soli – Gemeinsam weniger einsam.
Einsamkeit zu überwinden braucht viel Geduld und Offenheit, aber es ist möglich. Ermutigen Sie sich immer wieder selbst, aktiv auf andere zuzugehen – und dies vor allem in der realen Welt. Ein Post auf Social Media ist wie eine digitale Flaschenpost, die man ins Meer wirft in der Hoffnung, sie würde schon irgendwann, irgendwo ankommen. Um der «Epidemie der Einsamkeit» entgegenzusteuern, sollten wir alle vermehrt das Handy weglegen und uns wieder real mit anderen Menschen verbinden: über einen Blick, ein Lächeln und eine offene Unterhaltung.
• Stiftung Pro Mente Sana: Dossier Einsamkeit (online verfügbar)
• Swissinfo: Einsamkeit in der Schweiz (online verfügbar)
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