So fördern Sie Ihre emotionale Gesundheit
In unserem ersten Beitrag zum Thema emotionale Gesundheit haben wir festgehalten, dass eine Emotion eine unmittelbare Reaktion unseres Nervensystems auf ein reales oder vermeintliches äusseres Ereignis ist. Die emotionale Reaktion besteht aus (1) körperlichen Äusserungen, (2) Gefühlen und (3) Denkprozessen.
Emotionale Gesundheit ist die Fähigkeit, unsere Emotionen zu erkennen und so damit umzugehen, dass wir auch in schwierigen Situationen möglichst positiv, kontrolliert und fokussiert bleiben. Diese psychische «Widerstandsfähigkeit» wird auch Resilienz genannt. Wie emotional gesund respektive resilient wir sind, zeigt sich besonders in herausfordernden Lebenssituationen. Eine der grössten Herausforderungen unserer heutigen Zeit ist Stress: 2022 fühlten sich 23 % aller Personen in der Schweiz bei der Arbeit gestresst – eine deutliche Zunahme gegenüber 2012, als sich «nur» 18 % gestresst fühlten. Höchste Zeit, gesunde Strategien im Umgang mit Stress zu entwickeln!
Der Tag ist vollgestopft mit Terminen, wir kommen kaum hinterher mit dem Abarbeiten unserer To-Dos, dazu «blingt» das Smartphone im Minutentakt, und all die unbeantworteten Mails …! Diese Situation führt bei den meisten von uns zu Stress:
«Stress beginnt im Kopf, genauer gesagt bei den Sinnen. Wenn wir eine Situation als herausfordernd oder gar bedrohlich wahrnehmen, sei es visuell, akustisch oder auf andere Weise, reagiert unser Körper mit erhöhter Aufmerksamkeit. Er ist alarmiert, angespannt und bereit zur Reaktion, die diese Situation erfordert. Energiereserven werden angezapft, die Stoffwechselfunktionen erhöht und bestimmte Hormone wie Adrenalin ausgeschüttet, damit wir Höchstleistungen erbringen können.»
Diese Beschreibung der Vorgänge, die bei der Emotion Stress auf der körperlichen Ebene (1) ablaufen, stammt aus einem früheren Beitrag zum Thema Stress. Wenn wir auf der Ebene der Gefühle (2) sagen können «Ich habe Stress» oder «Ich bin gestresst», sind wir uns unserer Emotion bewusst. Das ist gut, denn es ist die Voraussetzung dafür, auf der Ebene der Denkprozesse (3) gesund mit dieser Emotion umzugehen.
Sendet uns unser Körper die (Alarm-)Signale der Emotion Stress, können wir uns dem Rausch des Adrenalins voll hingeben und dank dieser Zusatzenergie ein bisschen schneller und länger arbeiten. So weit, so gut – Stress kann also durchaus positiv sein! Erst auf Dauer wirkt sich Stress negativ aus. Anhaltende Anspannung kann langfristig zu Angstzuständen, Depressionen und Burn-outs führen wie auch körperliche Beschwerden auslösen. Um dies zu verhindern, ist es wichtig, Stress zu verstehen und angemessen damit umzugehen. Was heisst dies konkret?
Da wir Emotionen allgemein als unsere Verbündeten betrachten, nehmen wir auch unseren Stress an, wie er ist. Wir hören ihm aufmerksam zu und kümmern uns liebevoll um ihn. Die Kunst, die eigenen Emotionen zu verstehen, wird auch emotionale Intelligenz (EQ) genannt. Wie jede Kunst muss sie geübt werden. Die Übung besteht in diesem Fall darin zu verstehen, was der Stress uns sagen will. Allgemein gesprochen hat Stress eine doppelte Botschaft. Die erste Botschaft lautet: Ich sorge für Anspannung, damit du Topleistungen erbringen kannst. Aber – so fängt die zweite Botschaft an – damit die dabei verbrauchten Energien regeneriert werden können und später wieder verfügbar sind, solltest du in absehbarer Zeit für Erholung sorgen.
Mit Stress richtig umzugehen, heisst also, auf die Anspannung genügend Entspannung folgen zu lassen. Eigentlich logisch, nicht wahr? Im Fall von akuten Stressgefühlen hilft bereits mehrmaliges tiefes Durchatmen. Es kann auch Wunder wirken, den ganzen Körper eine Minute lang von Kopf bis Fuss «auszuschütteln». Bei latentem Stress ist es unabdingbar, sich in der Agenda regelmässige Ruhezeiten einzutragen und diese auch einzuhalten – dazu gleich mehr. Allein mit diesen einfachen Massnahmen kann es gelingen, trotz Stress gesund zu bleiben.
Im Folgenden mehr zu den Strategien, mit denen Sie sowohl dem Stress entgegenwirken als auch nachhaltig etwas für Ihre emotionale Gesundheit tun können.
1. Alles eine Frage der Zeit
Das Thema Zeit spielt in unserem Leben eine ungeheuer wichtige Rolle. Bei Stress ist meistens Zeitdruck im Spiel – umgekehrt hat Entspannung viel mit dem Fehlen von Terminen zu tun: Wirklich relaxen gelingt meistens erst, wenn wir die Zeit komplett vergessen können. Entsprechend wichtig sind sogenannte Auszeiten. Der Begriff kommt aus dem Sport: Das «Time-out» ist eine Pause oder Spielunterbrechung. Im übertragenen Sinn ist die Auszeit eine Pause vom Rush des Alltags und dem Gefühl, ständig etwas tun zu müssen, und sei es nur, noch eine WhatsApp-Nachricht zu schreiben oder kurz nachzusehen, was auf den Social-Media-Kanälen läuft. Eine Auszeit kann aus passivem Nichtstun bestehen oder auch aus einer erholsamen Aktivität wie Spazieren, Lesen, Pingpong-Spielen, Musizieren, Kochen oder etwas anderem, das Freude bereitet. Besonders gut für Körper und Seele ist es, wenn wir dabei in einen Flow kommen, also ganz in der Tätigkeit aufgehen. Mit regelmässigen Auszeiten oder eben Ruheinseln sorgen wir für eine gesunde Work-Life-Balance und wirken Stressgefühlen nachhaltig entgegen. Wird eine längere Auszeit notwendig, ist ein Sabbatical eine gute Option
2. Tief atmen, gesund essen, ausreichend schlafen
Allein wie wir atmen, was wir essen und wie viel wir schlafen, hat einen enormen Einfluss auf unsere emotionale und körperliche Gesundheit:
- Wenn wir gestresst sind, geht unser Atem schneller und flacher. Indem wir bewusst langsam und tief atmen, wirken wir dem Stress entgegen: Unser Nervensystem beruhigt sich, der Körper wird mit neuem Sauerstoff versorgt, wir kommen ins Hier und Jetzt. Integrieren Sie Atemübungen in Ihren Alltag, um Stress abzubauen und zu verhindern.
- Das Essen ist oft das Erste, das in stressigen Zeiten vernachlässigt wird. Dabei ist eine gesunde Ernährung das A und O unseres Wohlbefindens. Nüsse und Kerne etwa liefern das Magnesium, das unser Körper bei Stress vermehrt verbraucht. Vollkornprodukte und Kartoffeln verbessern die Laune nach einer akuten Stresssituation, besonders in Kombination mit eiweissreichen Lebensmitteln wie Käse oder Hülsenfrüchten. Auch das Trinken ist sehr wichtig, denn Flüssigkeitsmangel stresst den Körper! Gönnen Sie sich möglichst oft die nötige Zeit, um in angenehmer Atmosphäre zu essen, zu trinken und zur Ruhe zu kommen.
- Die Wichtigkeit von ausreichend Schlaf wird allgemein unterschätzt. Erwachsene brauchen mindestens sieben Stunden täglich, um sich körperlich und geistig zu erholen. Viele von uns benötigen aber eigentlich acht oder neun Stunden Schlaf. Gehen Sie immer ungefähr zur gleichen Zeit ins Bett, damit das Einschlafen klappt und Sie maximal vom Schlaf profitieren. Apps wie Calm und Headspace können dabei unterstützen.
MBSR, kurz für «Mindfulness-Based Stress Reduction», ist ein therapeutisches Programm, das 1979 von Dr. Jon Kabat-Zinn entwickelt wurde, um mit Stress und anderen psychosomatischen Beschwerden besser umzugehen. MBSR kombiniert Elemente aus der Meditation und Achtsamkeitspraxis mit modernen psychologischen Ansätzen. MBSR wird in Kursen vermittelt, die in der Regel acht Wochen dauern und wöchentliche Gruppensitzungen umfassen. Sie lernen dabei, Ihre Aufmerksamkeit bewusst auf den gegenwärtigen Moment zu richten und gegenüber Ihren Gedanken und Gefühlen eine nicht wertende Haltung zu entwickeln. MBSR fördert ganz gezielt die Selbstwahrnehmung, das Selbstmitgefühl und den Umgang mit Emotionen. Forschungsergebnisse zeigen, dass MBSR effektiv zur Reduktion von Stress und Ängsten beiträgt und die Lebensqualität erhöht. Lust, es auszuprobieren? Hier finden Sie MBSR-Kurse in der Schweiz.
Wenn Sie trotz der Anwendung dieser Strategien anhaltend unter Stress oder anderen emotionalen Schwierigkeiten leiden, besteht auch die Möglichkeit, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Therapeut*innen, Berater*innen oder Coachs begleiten und unterstützen Sie auf dem Weg zu mehr emotionaler Gesundheit.
Ähnlich wie die körperliche Gesundheit erfordert auch die emotionale Gesundheit kontinuierliche Pflege. Um langfristig emotionale Stabilität respektive Resilienz zu entwickeln, sind auch folgende Faktoren wichtig:
- Wohltuende soziale Kontakte (Familie, Freund*innen)
- Regelmässige Bewegung, am besten in der Natur
- Gefühle ausdrücken (reden, schreiben, malen etc.)
- Grenzen setzen und «Nein» sagen (muss oft erst gelernt werden)
- Massvoller Umgang mit digitalen Medien
In unserem nächsten Beitrag erfahren Sie mehr zu diesen Faktoren, insbesondere zu den Chancen und Risiken der digitalen Medien – ein unumgängliches Thema für alle, die ihre emotionale Gesundheit fördern wollen.
- Ralf Schulze et al. (Hrsg.): Emotionale Intelligenz: Ein internationales Handbuch. Hogrefe Verlag, 2016
- Oliver James: How to Develop Emotional Health. Pan Macmillan UK, 2014
- Bradley Nelson: Der Emotionscode. VAK, 2015
- Amalya Lamers: Emotionen spielend meistern – 73 Spiele zur Emotionsregulation. Für Kinder von 3 bis 6 Jahren. Publify, 2024
- Jon Kabat-Zinn: Gesund durch Meditation. Otto Wilhelm Barth, 2011
- Gert Kaluza: Stressbewältigung. Springer, 2023
- Kelly McGonigal: The Upside of Stress. Penguin, 2016
Die Online-Plattformen www.mindful.org sowie www.stress.org bieten zahlreiche Artikel, Videos und Übungen zur Stressbewältigung.
In unseren Beiträgen «Stress lass nach …» und «Sieben Stärkungen für die Seele» finden Sie weitere praktische Tipps für einen gesunden Umgang mit Stress und zur Förderung Ihrer Resilienz.
Über SolidaVita
SolidaVita ist eine Marke der SOLIDA Versicherungen AG mit Sitz in Zürich.
Das Team besteht aus engagierten Versicherungsexpert:innen mit einer grossen Leidenschaft für innovative Lösungen. Die SOLIDA Versicherungen AG wurde 1982 von namhaften Krankenversicherungen gegründet und befindet sich heute im Besitz von Helsana und CONCORDIA.
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